Vor einiger Zeit hat mir mein Vater seine analoge Fotoausrüstung von Nikon vermacht. Bevor er sie irgendwohin verschenkt oder sonst wie weggibt, habe ich mal vorsichtig Interesse bekundet, und nur liegt hier altes, aber bewährtes Gerät. Darunter war auch eine F4, zu ihrer Zeit Nikons Flaggschiff für den professionellen Einsatz. Ich war neugierig, ob sie wohl noch ihren Dienst tun würde. Also Akkus eingelegt und eingeschaltet.
Artig erwachte sie aus ihrem “Winterschlaf”, steuerte auch das angesetzt Nikkor 50 mm f/1.8D an – noch mit Stangenantrieb, also rasend schnell – nicht. Aber sie lebte, einige Schalter, die anfangs etwas schwergängig waren, ließen sich aber davon überzeugen, wieder zu kooperieren und ihren Dienst aufzunehmen. Jetzt stellte sich die spannende Frage, ob sie denn auch noch korrekt funktionierte. Das betraf zum einen den Filmtransport, als auch die Belichtungsmessung. Also musste jetzt ein Film zum Testen her. Meine “Wahl” (ich fand auf die Schnelle nichts anderes) auf den Kentmere Pan 400, der durch eine große Drogeriekette hier vertrieben wird. Zum Testen sollte der reichen, dachte ich mir, stellte dann später fest, dass die wohl auch für Ilford arbeiten. Schwarz/Weiß sollte es dann natürlich auch sein, so blieb es bei eben diesem Film in der reichhaltigen Auswahl.
Filmeinlegen. Da war was. Man hätte natürlich ins Handbuch schauen können, aber ich kannte das Prinzip ja noch von meiner F-501 bzw. F90x. Ich habe dann direkt die Erfahrung machen dürfen, dass man bei der F4 scheinbar etwas präziser arbeiten muss, als bei der F90x, wo man den Film so ungefähr zur Markierung zieht, Klappe zu und auslösen. Die F4 war da etwas divenhaft. Mag auch daran liegen, dass sie in der Vergangenheit schwer im Einsatz war, jedenfalls kann man ihr das Leben ansehen, das sie gelebt hat. Beim zweiten Versuch klappte es dann auch direkt.
Es stellte sich dann die Frage, welches Objektiv zum Einsatz kommen sollte. Erst dachte ich an mein Nikkor 24-120 f/4, das mir an der D700 sehr gute Dienste geleistet hatte. Blöd nur, dass die meisten modernen Objektive keinen Blendenring mehr haben, da es an den Kameras die entsprechenden Einstellrädchen gibt. An dem Oldie Fehlanzeige. Man darf auch nicht vergessen, die F4 kam 1988 auf den Markt. Da gab das so einen neumodischen Krams nicht.
Letztlich entschied ich mich für mein Nikkor 50mm f/1.8D. Das Teil habe ich damals zusammen mit meiner ersten Nikon, der F-501 geschenkt bekommen und ich hatte auch Lust auf diese Brennweite. So zog ich dann damit los und statt leichtem Gepäck in Form von Fuji X100V und/oder Sony a6500 hatte ich dann dieses Geschütz dabei. Wobei ich mich an sich nicht beschweren darf, meine D700 war einsatzbereit noch schwerer und je nach angesetztem Objektiv schrie das Teil noch mehr nach einer Waffenscheinpflicht.
Drei Aha-Effekte
Dann die ersten Bilder. Drei Dinge, an die ich mich neu gewöhnen musste. Erstens der Sound. Da war es wieder, das vormals vertraute, aber längst vergessene “Klock – wiiieeehhh”. Auslösen und Filmtransport. Meine D700 machte ja auch nur noch “Klock”. War damals in der ersten Zeit auch etwas irritierend, denn es fehlte etwas. Jetzt war es wieder irgendwie ungewohnt. Zweitens ist es keine so brillante Idee, während des Auslösens, Teile der Hand oder einzelne Finger auf dem Filmrücktransportmechanismus zu lagern. Filme sind zwar recht stabil, aber irgendwann mögen die es dann auch nicht, wenn an dem einen Ende der Transportmotor zieht und an dem anderen Ende ist der Mechanismus durch den Fotografen blockiert. Drittens der Autofokus. Nach 36 Bildern mit einer Kamera aus 1988 kann ich nur eins sagen: Wir sind heute mit den Kameras einfach sauverwöhnt! Und da schließe ich nicht nur Kameras aus den letzten Jahren ein. Nein, auch meine Sony R1 aus 2005 war in Sachen Treffsicherheit eine ganze Ecke weiter. Wenn dann lamentiert wird, der Autofokus eine drei Jahre alten Kamera sei zu langsam – sorry, der normale Mensch wird die Unterschiede überhaupt nicht mehr merken. Wir sind heute echt gut aufgestellt, selbst mit Kameras, die schon ihre 10 Jahre auf dem Buckel haben. Zur Ehrenrettung der F4 muss aber auch klargestellt werden, das Thema Autofokus war damals noch sehr jung. 1981 brachte Pentax die erste Serienkamera für 35mm mit Autofokus auf den Markt.
Ungewohnt: Warten auf den entwickelten Film
Der Film war dann irgendwann voll, die Kamera spulte selbigen dann auch artig zurück – und ich hatte keine Bilder, die ich dann mal in Lightroom anschauen konnte. Stattdessen diesen runden Zylinder, der zur Entwicklung weggebracht werden wollte. Lang war es her, dass ich an einem Pult stand, die entsprechenden Bestelltüten beschriftet und mitsamt Film zur Entwicklung abgegeben habe. Wie lange die Entwicklung wohl dauern würde, fragte ich, noch optimistisch, dass es wohl heutzutage halbwegs zügig gehen müsste. So auf zwei Wochen müsse ich mich wohl einstellen, war die Antwort. What? Na gut, nicht zu ändern. Also ergab ich mich in mein Schicksal, noch nicht wissen, dass es dreieinhalb Wochen werden würde.
Als das Paket bestehend aus Negativen, Abzügen und CD endlich in meinen Händen landete, musste eine erste Sichtung noch auf dem Parkplatz erfolgen. Die gute Nachricht: Die Kamera hat absolut richtig belichtet. Die schlechte: Es waren überall feine Streifen auf den Bildern, als wenn der Film an zwei Stellen Kratzer bekommen hätte. Aktuell ist das für mich noch nicht nachvollziehbar, wo die herkommen. In der Kamera konnte ich nach der ersten Sichtung nichts entdecken, dass der Film über irgendwelche scharfen Kanten transportiert worden wäre. Fehler im Labor? Oder vielleicht auch schadhafter Film aus der Produktion? Schreit nach einem weiteren Test, mit einem anderen Film, der an anderer Stelle entwickelt werden soll. Das werde ich in jedem Fall in Angriff nehmen.
Foto-CD… ja nee…
Was mir etwas sauer aufgestoßen ist, hat nichts mit der Kamera oder dem Film zu tun, sondern mit der bestellten Foto-CD. Abgesehen davon, dass ich mir ein neues DVD-Laufwerk kaufen musste, weil mein altes mal eben das Zeitliche gesegnet hat, sind die Bilder auf der CD gerade mal 1,5MP groß. Das hat mich ziemlich enttäuscht, davon habe ich mehr erwartet. Auch da werde ich mal schauen, was andere Anbieter da im Angebot haben, denn natürlich möchte ich die Bilder auch digital haben, um sie weiterbearbeiten zu können. Mit den jetzigen Bildern habe ich mir mal so beholfen, dass ich sie in Lightroom habe hochrechnen lassen. Ob das sinnig ist oder nicht – da bin ich mir noch nicht so einig mit mir selbst. Aber so komme ich zumindest mal auf die Kantenlänge von 2048 Pixel an der langen Kante, so wie ich sie im Web verwende. Im Original sind das gerade mal 1536 Pixel.
Lange Story, danke, wenn Ihr bis hierher durchgehalten habt. Was abschließend noch anzumerken ist, und dann gibt es zumindest mal vier Bilder aus dem Test: In der Kamera finden sich viele Krümel, so wie es aussieht, stammen die von den Lichtdichtungen. Hier werde ich mal ein Angebot einholen, um mal die Kosten für den Austausch der Dichtungen abschätzen zu können. Denn obwohl ich die Kamera so gut es ging auch innerlich zu reinigen, man sieht allerlei Dreckrückstände auf den Bildern. Das ist halt lästig und wenn sich das für kleines Geld in Ordnung bringen lässt, dann soll es so sein.
Hier nun fünf Bilder, die so nicht aus der Kamera gekommen sind, sondern von mir bearbeitet wurden. Ich wollte halt auch sehen, was man aus dem Material so rausholen kann. Klar ist auch, dass das Objektiv jetzt gerade offenblendig sehr “soft” ist, um es mal so zu umschreiben ;-). Aber für einen ersten Test bin ich zufrieden und Meisterwerke sollten es ja eh nicht werden, das war nicht der Anspruch.
Danke für Deinen Bericht und die Reise in die Vergangenheit. Ab und an reizt es mich auch wieder mal auf Film. Aktuell kann ich den “Drang” danach ganz gut unterdrücken. Die F4 ist ein Schatz – so eine wunderschöne!
Ja, irgendwie ist der Reiz schon da, mal wieder mehr analog zu machen. Wobei ich glaube, dass es bei mir eher der Prozess des analogen Fotografierens ist, als danach mit dem analogen Material leben zu müssen. Denn ich habe selbst bei den “Mini”-Bildern, die ich auf der Foto-CD bekommen habe, gesehen, was man da draus machen kann. Sobald ich etwas Ruhe habe, werde ich dazu auch noch mal ein paar Zeilen schreiben.