Einer meiner „WeeklyBoys“, der Holger Dankelmann, wurde zu einem Post über ein altes Meike Objektiv an seiner Fuji X-T4 gefragt, warum man auf die Idee kommt, so „olles“ Zeug an eine Kamera zu schrauben. Die haben keinen Autofokus, lassen sich von der Kamera aus nicht wie gewohnt steuern und die Vergütung ist lange nicht auf dem Niveau moderner Optiken. Warum also tut man sich das an?
Man könnte jetzt einfach sagen: weil es Spaß macht. Das ist mit Sicherheit ein ganz großer Punkt. Aber: es macht natürlich nur dann Spaß, wenn am Ende auch Ergebnisse raus kommen die einen mindestens zufriedenstellen wenn nicht sogar erfreuen. Was uns direkt zur Technik bringt. Und die hat schon den einen oder anderen Punkt auf der Negativliste.
Je nachdem wie weit man zurück geht sind alte Objektive komplett manuell. So irgendwie in den 80er Jahren (oder späte 70ger, ich habe das gerade nicht genau parat) kamen die ersten Objektive mit Elektronik an Bord, in der Regel war das eine Blendensteuerung von der Kamera aus und dann kam der Autofokus hinzu. Ich rede hier jetzt aber mal vom „worst case“, also Optiken die keine Elektronik besaßen. Wenn man die also an eine moderne Kamera adaptiert (das muss man oft, weil sich im Laufe der Zeit die Anschlüsse geändert haben oder aber man will ein Objektiv eines anderen Herstellers an seine Kamera anbringen), dann hat man keinen Autofokus, keine Blendensteuerung über die Kamera, keine Übertragung der EXIF-Daten des Objektives ins Bild. Und dann hat sich im Laufe der Zeit natürlich die Vergütung der Linsen selbst verbessert. Klingt jetzt erstmal so, als wenn die Nutzung alter Linsen erstmal eine sehr seltsame Idee ist. Aber ist das wirklich so?
Bewusster fotografieren durch manuelles Arbeiten
Was die manuelle Steuerung angeht, so stimmt das uneingeschränkt. Aber das muss kein Nachteil sein. Ja, man ist in der Regel langsamer aber genau das ist etwas, was ich sehr schön finde. Ich für meinen Teil fotografiere wieder bewusster, gerade auch wenn man wieder gezwungen ist manuell zu fokussieren, das dauert halt länger als mit einem modernen Autofokus. Moderne Kameras bieten da unterschiedlichste Fokussierhilfen an, von der Bildschirmlupe über Fokuspeaking bis hin zu simulierten Schnittbildern. Und: alte Objektive sind fürs manuelle Fokussieren gebaut, das merkt man an den doch deutlich längeren Wegen des Fokusringes, mit denen eine feine Justierung viel besser möglich ist als bei manchem modernen Glas. Also ja, man kann ohne Probleme scharfe Bilder erzeugen. Die Blende wird am Blendenring des Objektives eingestellt. Etwas, was mir vertraut ist, denn so habe ich Fotografieren gelernt. Ja sorry, ich bin schon so alt 😀 .
Bleibt die Bildqualität. Ist die schlechter weil die Linsenvergütung nicht auf dem heutigen Stand ist? Das kommt drauf an. Auch vor 50 Jahren und länger war man durchaus in der Lage Objektive zu bauen, die einfach knackscharf waren und manches Objektiv von heute in die Tasche stecken. Die Rede ist hier von Festbrennweiten, Zooms gab es damals noch nicht. Und die ersten Zooms waren – so lala. Also scharf konnte man damals schon, durchaus auch bis in die Ecken. Bleibt die Vergütung. Keine Frage, heute ist man deutlich weiter, die Objektive verzeihen mehr insbesondere wenn man in Gegenlichtsituationen kommt und das ist an der Stelle der wirkliche Knackpunkt. Hier muss man es genau wie für moderne Objektive testen wie weit man die Optik ausreizen kann. Günstige Objektive heute sind auch nicht so hoch vergütet, da kann es dann schon mal sein, dass das Altglass besser ist. Was auch immer wieder passiert ist, dass die Leute sich für teures Geld ein wirklich gutes Objektiv kaufen, dann aber einen 20 Euro UV-Filter mit schlechter Vergütung vorne drauf schrauben und sich dann über die Bildqualität wundern.
Was die Objektive damals wie heute eint ist, dass man auch damals schon für richtig gutes Material auch entsprechend richtig gutes Geld auf den Verkaufstresen legen durfte. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt. War damals auch schon so. Die folgenden Bilder sind übrigens mit meiner Nikon D700 und dem Nikkor 20mm f/3.5 UD entstanden.
Stimmt, gutes „Altglas“ macht auch heute noch gute Bilder. Selbst am 75zoll 4k UHD Tv wird keiner bestimmen können mit welcher Optik ich das Bild gemacht habe, es sei denn er kennt die speziellen Schwächen genau und weiß wo er suchen muss.