Capture One – ein Fazit

Capture One – ein Fazit

Vor etwas über einem Jahr habe ich angefangen mich mit Capture One als mögliche Alternative zu Lightroom CC Classic zu beschäftigen. Seither habe ich einiges an Bildern damit bearbeitet, sowohl für Jobs als auch im privaten Umfeld. Ich habe eine Entscheidung getroffen wie die Zukunft bei mir aussieht.

Bei neuen Dingen ist der Enthusiasmus immer groß und so habe ich mich anfangs sehr für Capture One begeistern können und ich glaube das ist in den Beiträgen die ich hier dazu geschrieben habe auch deutlich geworden. Das Entwicklungsmodul von C1 ist sehr spannend. Wie man mit Farben arbeiten kann ist schon sehr beeindruckend, Bilder nachzuschärfen ist auch eine Klasse für sich, das man sich das Interface so zurecht bauen kann wie man es braucht zeugt von großer Flexibilität zur Anpassung an den eigenen Workflow. Es hat sehr viel Spaß gemacht, an der einen oder anderen Stelle ist C1 auch etwas performanter als Lightroom, allerdings an anderen Stellen auch langsamer und nicht gerade resourcensparend. Was mir aber auch sehr gut gefallen hat ist, das C1 beim Erstellen eine Maske auch den Stiftdruck des benutzten Grafiktabletts berücksichtigt. Das hilft manches mal ungemein und vermisse ich in LR durchaus.

Es gibt allerdings auch eine Reihe von Dingen, die mir nicht gefallen haben. Beispielsweise vermisste ich in Capture One bei den lokalen Korrekturen Dinge wie einen Radialfilter oder eine vernünftige Kontrolle des Verlauffilters. Das hat C1 erst mit dem jüngsten Update auf Version 12 gelernt. In C1 kann man sehr schnell durch den Katalog scrollen – ja, allerdings hat das zwei Nachteile. Zum einen baut C1 eine riesige Cache-Datei für Vorschauen etc. auf, die sich auch nicht mal wieder bereinigt wenn auf bestimmte Bilder länger nicht zugegriffen wird. Das kann man in Lightroom auch haben, muss man sich halt entsprechend konfigurieren. Der Cache für die Vorschauen wird bei mir nach 30 Tagen bereinigt. Dadurch bleibt die Cache-Datei entsprechend klein. Das Gaze hat den Vorteil, das Lightroom dadurch deutlich schneller startet. In C1 habe ich ca. ein Viertel meines Bildbestandes eingelesen – der Start dauert ziemlich lange und die Cache-Datei ist über 80 GB groß. Ja, Festplattenplatz kostet heute kein Geld, ich finde es dennoch ärgerlich. Kann man aber mit leben, sicher. Man merkt, C1 ist nicht dazu ausgelegt mit Gesamtkatalogen zu arbeiten, sondern denkt in Sessions, also in kleinen Häppchen für einzelne Projekte.

Daraus folgt etwas, worüber ich mich sehr geärgert habe. Das Bibliotheksmodul hinkt in meinen Augen sehr deutlich hinter LR hinterher. Zum einen kann man in seinem Sammlungsbaum nicht einfach auf einen Knoten klicken und bekommt dessen Inhalt sowie den der Unterordner angezeigt. Das ist nur möglich, wenn ich einen Projektordner habe der wiederum Alben enthält. Klicke ich auf den Projektordner sehe ich den Inhalt aller Alben – wobei Alben natürlich keine weiteren Unteralben enthalten können. Ich finde das sehr unschön. Einen Featurerequest habe ich bei Phase One eingereicht, vielleicht gibt es da ja mit der Version 13 Abhilfe, ich würde mich freuen.

Was mich allerdings vollends irritiert hat ist der Umgang mit Schnellsammlungen, Bildern und deren Varianten. In LR sind letzteres schlicht die virtuellen Kopien. Lightroom verhält sich wie folgt: will ich eine virtuelle Kopie eines Bildes in meine Schnellsammlung aufnehmen, kostet mich das einen Tastendruck. Die Kopie wird entsprechend markiert und landet in der Schnellsammlung. Nicht so C1: Hier brauche ich schon zwei Mausklicks und es landet nicht nur die ausgewählte Variante in der Schnellsammlung, nein, alle Versionen sowie das Ausgangsbild werden in die Schnellsammlung aufgenommen. Für die Jahresbilderauswahl hat mich das in den Wahnsinn getrieben. Finde ich absolut nicht schön und an dieser Stelle bin ich nicht bereit mich an das Programm anzupassen.

Dann hat C1 etwas gemacht, womit ich bei so einem Programm nicht gerechnet habe: es lief nicht stabil. Weder die 10er Version noch die 11er Version liefen 100% stabil. Es ist mehrfach vorgekommen, dass C1 sich mitten in der Bearbeitung einfach geschlossen hat. Mit LR ist mir das vor Jahren das letzte Mal passiert, dass sich das Teil einfach verabschiedet hat.

Diese Kritikpunkte gepaart mit einer saftigen Preiserhöhung für das Update haben mich zu der Entscheidung gebracht, das Projekt Capture One zunächst auf Eis zu legen. Dafür, dass C1 aktuell wohl der teuerste RAW-Konverter am Markt ist hat es einfach für meine Art zu arbeiten zu viele Schwächen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ich einen guten RAW-Konverter besitze. Die Bildbearbeitung selbst ist eben nicht alles. Ich hoffe sehr, das Phase One mit der 13er Version einen Teil meiner Punkte ausräumen wird. Ich würde mich sehr darüber freuen und mir C1 dann nochmals anschauen. Aktuell aber bleibe ich bei Lightroom, kann mir aber vorstellen C1 für einzelne Arbeiten hinzuzuziehen.

Der Workflow wird dann vermutlich sein, dass ich die Bilder zunächst in Lightroom sichte und markiere. Per XMP kommen die Markierungen dann auch im Capture One an wenn ich die entsprechenden Bilder einlese. Bearbeitung in C1, anschließend Export und Import ins Lightroom. Grob so die Idee. Mal sehen, ob das funktioniert.